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Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gäste und Freunde
der
Malerei,
lieber Herr
Koch,
Sie sind gekommen, um heute die Vernissage der
Ausstellung
«La nature d’ aimer»
«Die Natur lieben» mitzuerleben. Dieses Motto hat
Herr Koch
vor 1 ½ Jahren zusammen mit einem
Galeristen gewählt, um einen Rahmen zu geben für seine farbenfrohen Bilder
von Blättern, die wir heute hier kennenlernen werden.
Sicher
haben Sie Erwartungen, möchten durch das Auge des Malers sehen, wie er die
Details in der Natur wahrnimmt. Diese Gelegenheit haben Sie hier mit
ungefähr 70 Bildern von Blättern, die BOGOMIL uns präsentiert.
Nicht ganz
zufällig stehe ich heute hier vor Ihnen, denn es war BOGOMILs Wunsch an mich
als Pflanzenbiologin, mit meiner Sicht auf dieses Wunderwerk an Farben von
Blättern die Ausstellung zu beginnen.
Doch zuerst zu ihm, dem Maler.
Jürgen Koch, Jahrgang 1942, hat
wahrscheinlich schon immer malen wollen. Als junger Mensch war es ihm
natürlich nicht möglich, damit den Lebensunterhalt zu verdienen, und so
begann er eine Lehre als Schilder- und Reklamemaler und hat später, als
Beschäftigter des Springer-Verlags, eine Ausbildung im Tiefdruck gemacht und
die Fachschule für das Graphische Gewerbe in Darmstadt besucht. Seit den
1980er Jahren hat er sich zunehmend als Kunstmaler betätigt und sich 1987
sein Atelier eingerichtet. Zunächst waren es überwiegend Auftragsarbeiten,
wie z. B. Portraits, die er malte. Es entstanden dann auch zahlreiche Kopien
großer Meister, z. B. von Monet, Renoir oder Canaletto. Da befand er sich
bereits im Ruhestand und hatte 2002 seine erste große Ausstellung im
Ahrensburger Schloss.
Danach folgten weitere Ausstellungen in
mehreren Orten Deutschlands, auf denen er Bilder zeigte, die mit ganz
verschiedenen Maltechniken entstanden waren. Sehr experimentierfreudig hat
er sich immer wieder neuen Motiven und Techniken zugewandt. Vor ungefähr
zwei Jahren hat er die Bekanntschaft mit dem bekannten Galeristen Heinrich
G. Verjans gemacht, und beide planten eine erfolgversprechende
Zusammenarbeit. Leider konnte es durch den unerwarteten Tod des Galeristen
nicht mehr dazu kommen.
Vor einiger
Zeit habe ich Herrn Koch – BOGO BOGOMIL – kennengelernt und hatte auch
Gelegenheit, ihn in seinem Atelier zu besuchen. Das Atelier im Dachgeschoss
seines Hauses ist nicht sehr groß, aber hell beleuchtet und voller
Malutensilien und Bilder, die, zum Teil verpackt, an die Wände gelehnt, auf
dem Fußboden stehen. Ich kann mir gut vorstellen, wie er viele Stunden lang
hier zubringt und mit Freude malt, Neues ausprobiert, konzentriert arbeitet,
aber auch einmal die Seele baumeln lässt.
Wie sind nun
diese Bilder entstanden, die wir heute hier sehen?
Am Anfang stehen natürlich die Blätter, die BOGOMIL sammelt. Sie kommen aus
seinem Garten oder aus der Umgebung,
und von vielen verschiedenen Bäumen und Sträuchern. Es sind Blätter vom
Japanischen Fächerahorn, von einem Apfelbaum ‚ vom Essigbaum, der
Zaubernuss, der Weißeiche, oder der Roten Johannisbeere. Er legt sie frisch
zwischen Glasplatten und betrachtet sie unter dem Stereo-Mikroskop. Dabei
verwendet BOGOMIL drei verschiedene Lichtquellen, sogar ein kaltes Licht,
das die effektvollen Blau- und Violetttöne erzeugt, die so bei Blättern in
der Natur nicht vorkommen. Besonders faszinierend finde ich das Durchlicht,
was die Blätter von unten beleuchtet und transparente Bereiche sichtbar
werden lässt.
Am Mikroskop ist eine Digitalkamera angebracht, so dass die beleuchteten und
vielfarbig erscheinenden Blätter auf Fotos dokumentiert werden können. Am
Bildschirm des Laptops wählt BOGOMIL dann die für ihn interessantesten
Ausschnitte aus und übertragt sie auf die Malfläche. Aus
Original-Blattausschnitten von 2x2 mm oder 2x3 mm entstehen durch
200-400fache Vergrößerung diese großen Formate hier. Besonders attraktiv
wirkt das Plastische seiner Bilder. BOGOMIL modelliert die räumliche
Struktur der Blattoberflächen mit einer eigens gemischten Acrylmasse, die
bis zu 2,5 cm dick aufgetragen wird. Das schließt auch manchmal Risse oder
Beschädigungen der Blätter mit ein, die schon in der Natur vorhanden waren.
Mit Ölfarben beginnt er dann seine kreative Farbgestaltung und bringt sie
auf die räumliche Struktur.
Als
Biologin habe ich beruflich mit Bäumen und manchmal auch Sträuchern zu tun
und schon viele mikroskopische Aufnahmen gesehen. Und ich weiß ich
natürlich, dass Blätter erstaunliche kleine Kraftwerke sind, die aus Wasser,
Kohlendioxid und der Energie des Sonnenlichts energiereiche organische
Substanz produzieren. Für diesen Prozess, die Photosynthese, benötigen die
Blätter den grünen Farbstoff, das Chlorophyll. Damit sind grüne Pflanzen
unsere Lebensgrundlage, ihre Farbe bestimmt das Antlitz unserer Umwelt,
unserer Landschaft, in unseren Breiten zumindest für die Hälfte eines
Jahres. Grüne Pflanzen liefern den Sauerstoff, den wir atmen und sind die
Grundlage unserer Ernährung. Und –
Wissenschaftlern und Technikern ist es bis heute nicht gelungen,
diesen wichtigen Prozess der Photosynthese technisch nachzuahmen.
Aber es
gibt noch mehr als Grün. Was ist mit all den anderen Farben, die die Blätter
in der Natur haben können? Rote Blätter, beispielsweise von der Blutbuche
oder vom Fächerahorn, haben auch
den grünen Farbstoff und betreiben Photosynthese, aber das Grün wird
vom zusätzlich vorhandenen Rot überdeckt. Außerdem haben alle Blätter auch
gelbe und orange Farbstoffe, die für uns zunächst, im Frühjahr und Sommer,
äußerlich gar nicht sichtbar sind. Im Herbst jedoch, wenn sich die
Wachstumsperiode ihrem Ende nähert, wandelt sich das Aussehen der Blätter.
Das Grün verschwindet allmählich, aber zumindest bei Bäumen und Sträuchern,
die den Winter überdauern, nicht ins Nirgends. Diese langlebigen Pflanzen
gehen sehr effektiv mit den Nährstoffen Stickstoff und Magnesium um, die im
Blattgrün, dem Chlorophyll, enthalten sind. Diese wertvollen Nährstoffe
werden den Blättern im Herbst entzogen und während des Winters im Stamm und
in der Wurzel gespeichert. Die gelben, orangen und manchmal roten Farbstoffe
in den Blättern bleiben übrig und lassen uns im Herbst ihr Farbenspiel
bewundern.
Beobachten
Sie es einmal: einjährige Pflanzen, wie Blumen und Kräuter, bringen nicht so
schöne Herbstfärbungen hervor wie die Blätter der Bäume und Sträucher. Es
ist daher verständlich, dass BOGOMIL seine Objekte, die Blätter, von Bäumen
und Sträuchern sammelt, und aus den vielen verschiedenen Farben, die die
Blätter von Natur aus haben, mit seinem zusätzlichen Licht noch weitere
Farben hervorlockt.
Wir
verlassen diesen kleinen Exkurs in die Botanik, denn an all dies denke ich
eigentlich gar nicht beim Betrachten dieser Bilder.
Viele
Besucher haben vielleicht noch nicht die Gelegenheit gehabt, Blätter durch
ein Mikroskop zu betrachten. Sie werden begeistert sein von den vielfältigen
feinen Strukturen. Mit dieser Perspektive, sozusagen bei näherer
Betrachtung, wird viel Gemeinsames der verschiedenen Baum- und Straucharten
deutlich. Und vielleicht geht es Ihnen so ähnlich wie mir – es sind einfach
die Farben dieser Bilder, die mitreißen.
Natürlich
werden Sie beim Betrachten der Bilder nicht nur durch das Auge des Künstlers
schauen oder bei meiner Sicht
stehen bleiben. Sie werden ganz eigene Eindrücke gewinnen. Ich weiß, dass
BOGOMIL sich für die Reaktionen des Publikums interessiert, und er ist gern
bereit, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.
An dieser
Stelle möchte ich mich bei BOGOMIL ganz herzlich bedanken, dass ich diese
Laudatio halten durfte, und bei Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.
Wenn Ihnen
diese Ausstellung gefällt, erzählen sie es Ihren Freunden, Bekannten und
Nachbarn. Die Ausstellung wird fast 3 Monate lang geöffnet sein.
Heute werden wir die Farben hier genießen.
Viel
Vergnügen!
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